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18.04.2018

Reichtum aus dem Meer - Fischfang in Island

Siglufjörður - Nord-Island contrastravel
Hafen der ehemaligen "Heringshauptstadt"

Heringsboom, Kabeljaukriege – wenn diese abenteuerlichen Begriffe im Zusammenhang mit Island fallen, ist man erstmal ein wenig ratlos und auch neugierig. Heute machen wir eine kleine Reise in die Vergangenheit, geben einen kurzen Überblick über die Geschichte der isländischen Fischerei und ergründen die Bedeutung der oben genannten Phänomene …

Góðan daginn liebe Nordland-Freunde, 

Islands Küche ist reich an Fischgerichten und die Inselbewohner können auf eine lange Geschichte der Fischerei zurückblicken. Erfahrt hier mehr über den Reichtum aus dem Meer und die Änderungen, die dieser Wirtschaftszweig in der Vergangenheit durchlaufen hat ...

Natürliche Bedingungen und Fischvorkommen

Die Gewässer um die Vulkaninsel herum sind außergewöhnlich fischreich, was sich auf die besondere Lage Islands zurückführen lässt: vor der Küste treffen eine warme Meeresströmung, der Irminger- oder Golfstrom, und der kalte Ostgrönlandstrom aufeinander. Das Wasser ist nährstoffreich und enthält viel Phyloplankton, das als Grundlage der Nahrungskette sehr wichtig ist. Außerdem ist es sehr schadstoffarm, so dass sich hier mehr als 200 Fischarten heimisch fühlen. Unter ihnen sind beispielsweise Makrele, Hering, Kabeljau, Seelachs, Flunder, Scholle, Steinbeißer und viele mehr. Auch Krustentiere wie Hummer, Kaisergranate und Garnelen sind zahlreich vertreten und landen nicht selten auf den Tellern der Restaurants rund um die Insel. Dementsprechend hatte der Fischfang auf Island schon immer eine große Bedeutung, da Landwirtschaft nur in geringerem Maße betrieben werden kann und viele Bauern über Jahrhunderte hinweg auch Fischer waren.

Heringsboom und Kabeljaukriege

Lange Zeit wurde nur in Küstennähe von kleinen Booten gefischt, erst zum Ende des 19. Jahrhunderts kann man den Beginn der Hochseefischerei verzeichnen. Zu dieser Zeit begannen norwegische Fischer erstmals, die riesigen Heringsschwärme vor Island im großen Stil zu befischen. Die Isländer mischten bald selbst mit und erlebten einen unglaublichen Aufschwung – immer mehr Menschen arbeiteten im Sommer als Fischer oder in der Verarbeitung des Fangs zu Trockenfisch und Salzhering, Fabriken schossen vielerorts aus dem Boden. Das Exportgut Fisch und insbesondere Heringe waren gefragt wie nie, vor allem während des Zweiten Weltkriegs, als in anderen skandinavischen Ländern der Fischfang praktisch nicht existent war.

Besonders die Stadt Siglufjörður im Norden der Insel entwickelte sich zu einem wahren Heringszentrum, wo 400 Boote registriert waren und im Sommer 1300 Menschen allein in der Verarbeitung des Fischs arbeiteten. Das Leben der Fischer und die Hintergründe der Herings-Ära zeigen heute die verschiedenen Ausstellungen im Herring Era Museum. Doch dieser „Heringsboom“ endete schließlich durch Überfischung. Der Fang ging mehr und mehr zurück, bis 1968 überhaupt keine Heringsschwärme mehr in den üblichen Fischgründen zu finden waren. Für Island bedeutete dies den Verfall vieler Fabriken und eine andauernde Landflucht von Orten, die primär auf Heringsverarbeitung ausgelegt waren, aber auch ein Umdenken zu Schutzzonen und Fangbestimmungen.

Die Ausweitung der Schutzzonen in den Gewässern um die Insel war dann auch der Auslöser für die drei Kabeljaukriege mit Großbritannien. Bereits 1952 beschloss Island, die Schutzzone um die Insel herum auf 4 Seemeilen zu erweitern, kündigte damit das seit 1901 gültige 3-Seemeilen-Abkommen auf und zog erstmals den Unmut Großbritanniens auf sich. Der erste Kabeljaukrieg begann aber erst im Jahr 1958, als Island wegen Überfischung die Zone auf 12 Seemeilen erweiterte. Großbritannien ignorierte diese Änderung und ließ seine Fischtrawler zusätzlich durch Kriegsschiffe begleiten, was zwischen September und November 1958 zu einigen recht harmlosen Auseinandersetzungen zwischen den britischen Trawlern und Booten der Isländischen Küstenwache führte. Großbritannien musste die erweiterte Schutzzone schließlich anerkennen, nachdem die Isländer vor dem NATO-Rat und den Vereinten Nationen protestiert hatten. Nach erneuten Einbrüchen des Fangs im Jahr 1972 wurde die Schutzzone wiederum ausgeweitet, diesmal auf 50 Seemeilen. In der Folge kam es zu Auseinandersetzungen zwischen deutschen und britischen Trawlern, die in der 50-Meilen-Zone fischten, und der Küstenwache, die dazu überging, bei diesen Eindringlingen einfach die Netze zu kappen. Nach Intervention der USA, die ihren Stützpunkt in Keflavík in Gefahr sahen, zog sich Großbritannien schließlich zurück. Doch schon 1974 wiederholte sich das Ganze zum nunmehr dritten Mal: als Island die Ausweitung der Schutzzone auf 200 Seemeilen ankündigte, wurden britische Trawler wieder von Kriegsschiffen begleitet und die Isländer zerstörten wiederum die Fangwerkzeuge fremder Fischer innerhalb der Zone. Außerdem gab es mehrere Vorfälle, bei denen isländische und britische Schiffe einander rammten. Besonders bekannt ist dabei die Episode von 1976, bei der das Patrouillenboot Thor der Isländischen Küstenwache die britische Fregatte HMS Andromeda rammte – oder umgekehrt, denn beide Nationen beharren auf der Schuld des jeweils anderen. Aufgrund derartiger Zwischenfälle wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen Großbritannien und Island kurzzeitig unterbrochen, bis Großbritannien am 2. Juni 1976 schließlich auch die neuerlich erweiterte Schutzzone akzeptierte. Trotz des letztendlich glimpflichen Ausgangs der Auseinandersetzungen und Islands erstaunlichem Erfolg darin, sich gegen größere Länder mit militärischer Macht durchzusetzen, war die Gefahr dieser angespannten Situation nicht zu unterschätzen. Immer noch wirken die Geschehnisse nach, denn der Hauptgrund für Island, der EU nicht beizutreten, liegt im Schutz der 200-Seemeilen-Zone, vornehmlich vor britischen und deutschen Fischern.

Heutige Bedeutung

Die Isländer haben aus dem Verlust der Heringsschwärme durch Überfischung gelernt: Heute werden die Bestände verschiedenster Fischarten streng überwacht und jedes Jahr gibt es eine daran angepasste Quote, die für jedes einzelne Schiff festlegt, wie viel von den jeweiligen Arten dieses fangen darf. Außerdem wurden sowohl Flotte als auch Verarbeitungsfabriken immer weiter modernisiert und die Spezialisierung gefördert. Dank dieser Maßnahmen erholen sich die Fischbestände, während Island weiterhin immer mehr Gewinn durch den Export von Fisch macht – ein Modell mit Vorbildfunktion. Durch die Modernisierung der Verarbeitung lässt sich auch erklären, warum in Island trotz der großen Wichtigkeit von Fischprodukten nur ein sehr geringer Teil der Bevölkerung im Fischfang und der Fischverarbeitung beschäftigt ist.

Ihr habt schon einmal das Heringsmuseum in Siglufjörður besucht oder weitere Anregungen zu dem Thema? Dann hinterlasst uns doch einfach einen Kommentar. Wir freuen uns auf eure Erlebnisse und Ideen.

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