Namen in Island - Sohn und Tochter von …?
Seit es immer mehr international bekannte Isländer gibt (nicht zuletzt durch den Fußball) und die Insel als Reiseziel hoch im Kurs steht, wächst auch das Interesse der Islandfans oder –reisenden an einigen skurril wirkenden Gepflogenheiten, wie zum Beispiel den seltsam anmutenden Namen der Isländer. Heute bringen wir etwas Licht ins Dunkel …
Góðan daginn liebe Nordland-Freunde,
Das isländische Namenssystem sorgt hierzulande immer wieder für Verwirrung – und auch in vielen anderen Teilen der Welt, spätestens seit die Fußball-EM und nun auch die WM die kleine Nation ins internationale Rampenlicht gerückt haben und viele nicht verstehen konnten, wieso fast alle Spieler der Nationalelf einen „Nachnamen“ hatten, der auf –son endet. Eine kurze Erklärung dafür findet ihr hier ...
Matronym, Patronym … oder doch ein Familienname?
Tatsächlich handelt es sich um den Zusatz nach dem üblichen Vornamen nicht um einen Familiennamen, wie man das bei uns gewöhnt ist, wo sich die Namen aus einem Vornamen wie Max und einem Nachnamen wie Mustermann zusammensetzen. Stattdessen soll bei einem isländischen Namen dieser Zusatz traditionell auf den Vater des Kindes verweisen. So bedeutet das für einen Isländer, der beispielsweise Magnús Jónsson heißt, einfach nur, dass er Magnús, der Sohn von Jón ist. Jóns ist die Genitivform von Jón, son heißt schlicht Sohn. Für Töchter verhält es sich genauso, nur dass hier statt son das Wort für Tochter, dóttir, angehängt wird: So wäre die Tochter von Jón dann beispielsweise Guðrún Jónsdóttir.
Seit einiger Zeit ist es auch möglich, diese Namensanhängsel nach Wunsch nicht auf den Vater des Kindes, sondern auf die Mutter zu beziehen, sodass die Genitivform ihres Vornamens vor das –sonoder –dóttir gesetzt wird. Magnús Jónsson aus dem ersten Beispiel könnte so auch Magnús Liljusonheißen, Magnús, der Sohn von Lilja, obwohl er natürlich immernoch auch der Sohn von Jón bliebe. Bezieht sich der Zweitname auf den Vater, nennt man das Konstrukt Patronym, bezieht er sich auf die Mutter, Matronym. Diese Praxis lässt sich auf Island nur so gut umsetzen, da die Bevölkerung dort so gering ist. In Deutschland würde es viel zu schnell zu Verwechslungen kommen, aber bei den Isländern funktioniert alles reibungslos. Auch innerhalb von Familien kommt es so natürlich zu sehr unterschiedlichen Namenskonstellationen, da in jeder Generation die Patronyme oder Matronyme wechseln. In Patchworkfamilien stammen die Kinder weiterhin von verschiedenen Vätern oder Müttern ab, und die Wahlmöglichkeit zwischen Patronym oder Matronym verstärkt die Zweitnamensvielfalt zusätzlich. Dazu kommen Ausnahmen, bei denen Personen für sich sowohl das Matronym als auch das Patronym beibehalten wollen, wie beispielsweise Dagur Bergþóruson Eggertsson, der Bürgermeister von Reykjavík.
Die wenigen Familiennamen, die sich dennoch auf Island finden, sind schon sehr lange in Gebrauch und entweder von ausländischen Familienmitglieder vererbt oder vor 1925 angenommen worden, da danach ein Gesetz erlassen wurde, dass das eigenständige Annehmen neuer Familiennamen verbot. Beispiele dieser Ausnahmen sind beispielsweise Eiður Smári Guðjohnsen, ein Fußballspieler, oder die Sängerin Emilíana Torrini.
Nun gut, die Vaters- und Muttersnamen sind keine klassischen Nachnamen, aber wie spricht man denn nun höflich mit einem Isländer oder über ihn? Ganz einfach mit dem Vornamen! Selbst der isländische Präsident Guðni Th. Jóhannesson ist also nicht Herr Jóhannesson, sondern schlicht Guðni. Auch in Zeitungsartikeln oder Ähnlichem bleibt es entweder nur beim Vornamen oder höchstens noch beim vollen Namen, keinesfalls jedoch sollte einfach nur das Patronym benutzt werden wie in anderen Fällen der Nachname einer Person.
Strenge Regeln und häufige Namen
Für die Vornamen der Isländer gibt es Regeln, deren Einhaltung ein Namenskomitee überprüft. Möchte man seinem Kind einen traditionell isländischen Namen geben, der schon lange in Gebrauch ist, ist man natürlich auf der sicheren Seite. Es finden sich sogar bereits Listen im Internet, auf denen man nach bereits akzeptierten Namen suchen kann. Hat man sich allerdings auf einen noch nicht zuvor verwendeten Namen festgelegt, der eventuell aus dem Ausland stammt, muss dieser erst geprüft werden. Dabei geht es vor allem darum, ob es möglich ist, den Vornamen nach dem isländischen Beugungssystem zu verändern – sonst wäre es unmöglich, über diese Person zu sprechen, wenn der Genitiv, Dativ oder Akkusativ benötigt wird. Andererseits dürfen dem Kind durch seinen Namen natürlich keine Nachteile oder besonderer, vorhersehbarer Spott entstehen.
In den letzten Jahren wurden viele neue Vornamen vom Komitee zugelassen, so zum Beispiel Alan im Jahr 2015 und Malína im selben Jahr. Manchmal sind es auch nur offenbar neue, interessantere Schreibweisen von länger benutzten Namen – so wurde beispielsweise Mæja zuerst 2016 verwendet, wobei der Name Maja schon länger in Gebrauch war. 2017 wurde zum wiederholten Mal der Name Hel für ein Mädchen abgelehnt, wegen Bedenken ob der negativen Konnotation des Vornamens in der nordischen Mythologie. Mit dem Namen Loki, bei dem man für eine ähnlich negative Konnotation argumentieren kann, gibt es allerdings offenbar keine Probleme, denn dieser ist seit langer Zeit zugelassen.
Die häufigsten Namen, die Kinder im Jahr 2017 gegeben wurden, waren bei den Jungen Jón, Sigurður und Guðmundur; bei Mädchen waren es Guðrún, Anna und Kristín. Wer neugierig oder auf der Suche nach schönen isländischen Namen ist, kann auf den Seiten der isländischen Ministerien und Regierung einige Namenslisten einsehen und auch nach Namen suchen.
Namensregeln auch für Vierbeiner
Während die Namensregelung der Zweibeiner stark geregelt ist, stellt sich die Frage, wie es sich eigentlich mit den Vierbeinern verhält. Bei den Samtpfoten sind Namen mit S sehr beliebt, weil geglaubt wird, dass Katzen auf diese Namen besonders gut reagieren. Da wird der Zimtkringel Snúður zum Namen umfunktioniert und auf Snotra, Snælda oder Skotti wird manchmal auch gehört. Aus eigener Erfahrung fiel uns auf, dass die Katzenbesitzer in Reykjavik am kreativsten sind, was die Namen ihrer Katzen angeht: da trifft man auf den getigerten Teknó, Grettir (auf isländisch Garfield), die schmusige Lassí, Gussí oder Castró. Auf dem Land sind uns bisher immer wieder einfach nur Katzen mit dem Namen Kisa (Katze) über den Weg und um unsere Beine geschlichen.
Die isländischen Hunde werden häufig Skuggi, Snorri, Loki, Blíða, Flækja, Máni, Skúlli, Stigur oder Þorri genannt, tatsächlich häufig auf ihre Rasse- oder Geschlechtsmerkmale bezogen.
Für Islandpferde in der Zucht gibt es ein eigenes Namensregister, welches von der International Federation of Icelandic Horse Association bestimmt wird. So darf kein Isländer (Pferd) einen anderen Namen tragen, als die in der WorldFengur-Datenbank (Zuchtregister für Islandpferde) zu finden sind. Wenn ein Züchter seinem Pferd einen anderen Namen geben möchte, muss dieser den Namen beim Namengebungs-Kommitee beantragen. Beliebte Namen sind hier vor allem abhängig von Erscheinungsbild, Farbe und besonderen Merkmalen. So grüßten uns bereits Hrimfaxi (aus der Mythologie stammend), Bjartur (hell), Blessi (Blesse), Vökull (wachsam) und Stjarna (Stern) über den Zaun.
Was ist der schönste oder skurrilste Name, der euch in Island begegnet ist? Teilt ihn mit uns, indem ihr einen Kommentar verfasst. Wir freuen uns auf eure Erfahrungen und Ideen.
Verið blessuð liebe Nordland-Freunde, Euer contrastravel-Team
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