Mehr als nur Puffins - Islands Vogelwelt
Alle kennen ihn – den Puffin, den Papageitaucher, den geflügelten Star jeder Islandreise. Auch wir haben ihm schon einen Blog und viele Bildposts auf unserer Facebookseite gewidmet. Aber neben ihm und den Vogelarten, die Islandreisenden besonders auffallen – so wie der Singschwan und die Eiderente – gibt es natürlich noch viel mehr gefiederte Bewohner der Vulkaninsel …
Góðan daginn liebe Nordland-Freunde,
Island ist bekannt für seine vielfältige Vogelwelt, die die Insel zu einem Traumziel für Ornithologen und Fotografen macht. Heute wollen wir einen gründlicheren Blick auf die Arten werfen, die man nicht sofort mit Island in Verbindung bringt oder die etwas weniger bekannt sind.
Graugans
Die Graugans, oder isländisch Grágæs, ist in Europa weit verbreitet. Am häufigsten begegnet sie uns in Deutschland auf dem Zug, wenn ihre charakteristischen Rufe die Luft erfüllen und man die Tiere in V-Formation über den Himmel fliegen sieht. Graugänse waren die Vorfahren der Hausgänse, wie sie in Mitteleuropa domestiziert wurden. Ihre Brutgebiete haben sie größtenteils in Ost- und Nordeuropa, was auch Norddeutschland mit einschließt. In den letzten Jahren ist bei den Graugänsen, die nicht zu sehr nördlich brüten, eine Tendenz hin zum Standvogel zu beobachten – sie ziehen im Winter nicht mehr nach Süden, da sich das Klima zu ihrem Vorteil erwärmt hat. Bis die Tiere allerdings auch auf Island ganzjährig leben könnten, wird es wohl noch einige Zeit dauern. Graugänse können bis zu 17 Jahre alt werden und sind ihrem einmal gewählten Partner sehr treu. Sie legen 4 bis 6 Eier und ziehen die Jungen gemeinsam groß. Dabei greifen ältere, erfahrenere Altvögel den jungen Paaren oft unter die Arme, indem sie deren Jungtiere in einer Art „Gänsekindergarten“ mit ihren eigenen zusammenbringen. So können alle besser beschützt werden. Auch wenn eine Graugans tagsüber oft gestört wird und sich ihre Nahrungsaufnahme dadurch einschränkt, hat sie eine schlaue Ausweichmöglichkeit entwickelt: in diesem Fall geht sie einfach nachts ihren Hauptaktivitäten nach, denn Graugänse können sowohl tag- als auch nachtaktiv sein.
Dreizehenmöwe
Auf Isländisch Rita oder Skegla genannt, ist diese Möwenart brütend an den Klippen der Vulkaninsel anzutreffen. Generell kann die Koloniengröße von wenigen Paaren bis zu maximal 100.000 Tieren reichen, wobei sich die Gefahr durch Greifvögel und Raubmöwen verringert, je mehr Tiere in einer Kolonie brüten. Um ihren Nachwuchs zu schützen und Schatten zu spenden, steht nach dem Schlüpfen immer ein Altvogel am Nestrand, den Bauch dem Küken und der Felswand zugedreht. Die kleinen Dreizehenmöwen sind Nesthocker und bewegen sich auf den schroffen Felsvorsprüngen fast gar nicht. Meist fliegen sie nach 42 oder 43 Tagen aus, werden aber noch eine gewisse Zeit weiter von den Eltern gefüttert und kehren dafür zu ihrem Nest zurück. Am Ende der Brutzeit ziehen die Dreizehenmöwen auf das Meer hinaus, wo sie den Rest des Jahres leben. Die Jungvögel bilden erst nach drei Jahren die vollständige Erwachsenenfärbung mit dem Prachtkleid aus, dessen weißer Kopf und gelber Schnabel sie neben den kurzen dunklen Beinen von anderen Möwenarten unterscheidet. Wie andere Möwenarten auch, kann die Dreizehenmöwe ein hohes Alter erreichen - so finden sich oft bis zu 18-jährige Exemplare, während die älteste dokumentierte Dreizehenmöwe ein Alter von mehr als 28 Jahren erreicht hatte.
Regenbrachvogel
Dieser kleinere Verwandte des Großen Brachvogels verbringt meist die Sommermonate vom Mai bis zum September in Island, wo man ihn als Spói kennt. Den Winter über hält er sich an den Küsten Afrikas, Südostasiens und sogar Australiens auf. Beim Zug pausiert er meist ebenfalls an den Küsten, während er sich im Sommer eher auf Strandwiesen oder Mooren aufhält. Immer jedoch sucht er die Nähe des Wassers, sei es eines Sees, des Meeres oder im Moor. Zur Nahrungssuche setzt der Regenbrachvogel hauptsächlich seine Augen ein, sodass er am Strand vor allem Meeresschnecken, Krabben und Garnelen und im Inland Schnecken, Regenwürmer und Insekten sowie deren Larven frisst. Da Regenbrachvögel reviertreu sind, treffen sich meist dieselben Partner wieder, um gemeinsam 4, seltener auch 3 oder 5 Nachkommen aufzuziehen. Nachdem diese geschlüpft sind, verlassen sie das Nest recht schnell und folgen ihren Eltern bis zu 6 Wochen lang, bis sie flügge werden und für sich selbst sorgen können. Wie so viele andere Vogelarten hat auch der Regenbrachvogel durch die Klimaerwärmung mit erheblichen Gebietseinschränkungen zu rechnen, wobei sich das Verbreitungsgebiet wahrscheinlich auch nach Norden verschieben wird.
Austernfischer
Dieser in Deutschland vor allem von der Nordseeküste bekannte Vogel heißt auf Island Tjaldur. Er ist das Nationaltier der Färöer, wo er denselben Namen trägt und zu zehntausenden Paaren brütet. Auch Austernfischer sind überwiegend Zugvögel, im Sommer brüten sie in Europa, Russland und Ostasien, den Winter verbringen sie an den Küsten Afrikas, Süd- und Südostasiens. Einige Tiere bleiben auch ganzjährig in Westeuropa, Westisland oder auf den Färöern. Die Vögel sind in der Brutzeit sehr territorial und reagieren äußerst aggressiv auf Eindringlinge, seien es andere Artgenossen, Strandvögel oder auch Weidevieh. Zur bevorzugten Nahrung des Austernfischers gehören Muscheln, die mit verschiedenen, von den Eltern erlernten Fertigkeiten entweder aufgehämmert oder aufgehebelt werden. Austernfischer sind gute Schwimmer und können sich auch tauchend durch Flügelschläge fortbewegen. Der älteste gefundene Austernfischer war 44 Jahre alt, die Tiere brüten auch noch in einem Alter von über 30 Jahren.
Kolkrabe
Bei uns eher ein seltener Anblick, wird dieser Vertreter der Rabenvögel auf Island oft beobachtet, dort heißt er schlicht Hrafn, Rabe. Sein riesiges Verbreitungsgebiet reicht von der Arktis bis nach Nordafrika, wobei er in Mitteleuropa und –amerika nur wegen vormals starker Verfolgung durch den Menschen fehlt. Raben und Krähen gelten als die intelligentesten Vögel: so entwickeln sie bei der Nahrungssuche komplexe Strategien, können sich Gesichter von Angreifern oder freundlich gesinnten Menschen merken und erkennen sich selbst im Spiegel, etwas, das nur den wenigsten Säugetieren gelingt. Auch sind Raben als Singvögel Meister der Lautimitation – neben vielfältigen eigenen Rufen und variierenden Begrüßungen für andere Raben ahmen sie beispielsweise Rufe anderer Vogelarten oder Hundegebell nach. Raben haben durch ihre Funktion als Aasfresser und die damit verbundene Assoziation mit dem Tod einen schlechten Ruf, der heute mehr denn je ungerechtfertigt ist. Trotz häufiger Schuldzuweisungen durch Bauern greifen sie keine gesunden Tiere an. Auch auf Island sind die Vögel von jagenden Bauern bedroht, vor allem, weil sie mit dem Plündern von Eiderentennestern die Einnahmen durch deren Daunen verringern. Damit der Kolkrabe nicht aus dem isländischen Landschaftsbild verschwindet, soll der Abschuss der Tiere jetzt begrenzt werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Bestand der Insel wieder erholt und nicht dasselbe Ende nimmt wie der Weißbunte Rabe, eine Varietät mit hellen Flecken im Gefieder, die es nur auf Island und den Färöern gab und die durch Trophäenjagd ausgerottet wurde.
Gerfalke
Die größte Falkenart der Welt brütet auf Island und hält sich das ganze Jahr über dort auf, bevorzugt im Norden der Insel. Hier wird er schlicht Fálki oder Valur genannt und ist heute streng geschützt, denn die Tiere, vor allem solche mit weißem Federkleid, wurden in der Vergangenheit als begehrte Schauvögel für Falkner und Geschenke für Fürsten gefangen und exportiert. Zwar hat diese Begeisterung vielerorts nachgelassen oder wird durch Nachzuchten gestillt, vor allem in den Brutgebieten in Sibirien ist der illegale Raub junger Gerfalken aus den Nestern aber auch heute noch sehr verbreitet und schwächt die Population. So ist der Gerfalke für Islandreisende äußerst schwer zu finden und zu beobachten – wenn man ihn doch einmal erblickt, ist dies aber ein einmaliges Erlebnis. Beim horizontalen Flug erreicht er sogar eine höhere Geschwindigkeit als der Wanderfalke. Die bevorzugte Beute, die Schneehühner, haben dagegen keine Chance. Außer der weißen Farbvariante kommen auch graue, schwarzbraune sowie weiße Exemplare mit größeren dunklen Flecken vor. Dabei sind auf Island vor allem graue Tiere vertreten.
Ihr habt schon einmal eine oder mehrere dieser Vogelarten auf Island beobachtet oder weitere Anregungen zu dem Thema? Dann hinterlasst uns doch einfach einen Kommentar. Wir freuen uns auf eure Erlebnisse und Ideen.
Verið blessuð liebe Nordland-Freunde, Euer contrastravel-Team
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