Wichtige Persönlichkeiten der isländischen Geschichte - 2
Wie andere skandinavische Staaten auch musste Island erst einmal unabhängig von Dänemark sein, um ein eigener Staat zu werden. Darum und um Kunst, Kultur und Politik, soll es heute bei unseren Porträts gehen …
Góðan daginn liebe Nordland-Freunde,
heute geht es weiter mit einigen wichtigen Persönlichkeiten aus Islands Geschichte – diesmal betrachten wir eher die nähere Vergangenheit bis hin zur Gegenwart und einige werden euch sicher bereits ein Begriff sein …
Jón Sigurðsson (1811-1879)
Jón wurde am 17. Juni 1811 auf dem Hof Hrafnseyri in Arnarfjörður geboren. In Kopenhagen studierte er ab 1833 Philologie und Geschichte. Für ein Jahr war er Mitherausgeber der geisteswissenschaftlichen isländischen Zeitschrift Skírnir, arbeitete in verschiedenen Archiven mit und war ab 1848 Sekretär der Arnamagnæanschen Kommission. Er arbeitete viel mit alten isländischen Handschriften, gab neue Ausgaben von darin überlieferten Sagas und Texten sowie dazugehörige Kommentare heraus und veröffentlichte generell wissenschaftliche und politische Artikel. Als sein wichtigstes Bestreben wird aber seine Arbeit zur Förderung der isländischen Unabhängigkeit von Dänemark und Unterstützung von ersten Verfassungsideen gesehen. Im Andenken an seine diesbezüglichen Leistungen wurde die Gründungszeremonie der isländischen Republik an Jóns Geburtstag abgehalten, sodass auch heute noch der Nationalfeiertag am 17. Juni stattfindet. Jón starb am 7. Dezember 1879, seine Frau Ingibjörg wenige Tage darauf. Nachdem sie zunächst in Kopenhagen bestattet worden waren, wurden im Jahr darauf aber nach Reykjavík überführt und dort 1880 feierlich beigesetzt. Heute trägt der 500-Kronen-Schein das Bild von Jón.
Sigríður Tómasdóttir (1874-1957)
Sigríður wurde 1874 auf der Farm Brattholt nahe des Gullfoss geboren und verbrachte ihr ganzes Leben dort. Sie und ihre Schwestern liebten den Wasserfall sehr, legten den ersten Weg dorthin an und fungierten oft als „Touristenführer“ für interessierte Reisende, die auf ihren Hof kamen, um das beeindruckende Naturwunder zu sehen. Als Investoren aus England vorhatten, den Fluss zur Erzeugung von Elektrizität aufzustauen und so den Wasserfall zu zerstören, kämpfte Sigríður, unterstützt vom Anwalt Sveinn Björnsson, mit allen Mitteln um dessen Erhalt. Mehrmals nahm sie die beschwerliche Reise von 120 Kilometern nach Reykjavík auf sich und drohte am Ende sogar, sich in die Fluten zu stürzen. Aber dank einer verspäteten Pachtzahlung kam es nicht soweit und der Gullfoss ging wieder in den Besitz des isländischen Volkes über. Sigríður starb im Jahr 1957, aber ein Denkmal an ihrem geliebten Gullfoss sorgt dafür, dass ihre Leistung nicht in Vergessenheit gerät.
Übrigens: Den Gullfoss-Wasserfall könnt ihr u.a. auf diesen Reisen besuchen!
Halldór Kiljan Laxness, geboren Halldór Guðjónsson (1902-1998)
Halldór Laxness wurde am 23. April 1902 in der Hauptstadt Reykjavík geboren. Sehr früh entwickelt er ein großes Interesse am Lesen und begann, eigene Geschichten zu verfassen. Da seine Familie recht wohlhabend war, bereiste er schon als junger Mann Europa, wo er in Frankreich im Jahr 1923 zum Katholizismus konvertierte und sich sowohl den Beinamen Kiljan nach dem irischen Märtyrer St. Killian als auch Laxness zu Ehren des Hofes Laxnes, auf dem er ab seinem dritten Lebensjahr aufgewachsen war. Zwischen 1927 und 1929 lebte er in den USA – während dieser Zeit wandte er sein Interesse von der Religion ab und hin zu marxistisch-kommunistischen Ideen. Diese Überzeugungen, verbunden mit starker Sozialkritik, finden sich in einigen seiner Werke, besonders im 1948 veröffentlichten Roman Atómstöðin (Atomstation), in dem er sich gegen die Stationierung amerikanischer Raketen auf Island ausspricht. In den 1950er Jahren wandte er sich vom Kommunismus ab; auch der Aspekt der Sozialkritik ist in den späteren Werken deutlich abgeschwächt. 1955 wurde Halldór Laxness der Literaturnobelpreis verliehen. Bekannte Werke sind unter anderem Salka Valka, Sein eigener Herr, Die Islandglocke, Am Gletscher und Die glücklichen Krieger. Halldór Laxness war zweimal verheiratet und hatte vier Kinder. Seine Enkelin Auður Jónsdóttir ist wie ihr Großvater auch Schriftstellerin.
Vigdís Finnbogadóttir (geb. 1930)
Vigdís wurde am 15. April 1930 in Reykjavík geboren. Sie besuchte die Mentaskólinn í Reykjavík, das älteste Gymnasium Islands, und war 1944 mit ihren Eltern bei der Gründungszeremonie der Republik Island anwesend. 1949 begann sie ihr Studium der Literaturwissenschaft in Frankreich – später studierte sie auch Theaterwissenschaft in Kopenhagen. Nachdem sie auf dem Weg von Kopenhagen nach Paris das zerstörte Nachkriegsdeutschland gesehen hatte, entwickelte sie eine starke pazifistische Einstellung. 1953 heiratete sie den Arzt Ragnar Arinbjörn, das Paar ließ sich allerdings neun Jahre später wieder scheiden, weshalb es Vigdís viele Auseinandersetzungen mit den Behörden kostete, bis sie 1972 schließlich als erste alleinstehende Frau ein Kind adoptieren durfte, ein Mädchen namens Ástriður. 1980 trat Vigdís neben zwei anderen Kandidaten zur Präsidentschaftswahl an und gewann, was sie weltweit zur ersten Frau machte, die als Staatsoberhaupt eines Landes gewählt worden war. Im Wahlkampf und während ihrer Amtszeit setzte sie sich für die Frauenbewegung, die Vereinigung der Seeleute und für den Abzug der US-amerikanischen Streitkräfte aus Island ein. Sie wurde in der Folge dreimal wiedergewählt, 1988 sogar trotz Gegenkandidatur mit über 94 Prozent der Stimmen, und blieb Staatspräsidentin, bis sie sich 1996 nicht mehr zur Wahl stellte. Sie ist heute unter anderem UNESCO-Botschafterin für Frauenrechte, Bildung und die Förderung sprachlicher Vielfalt und hat in ihrem Leben zahlreiche Ehrungen und Ehrendoktorate erhalten.
Jóhanna Sigurðardóttir (geb. 1942)
Jóhanna wurde am 4. Oktober 1942 in Reykjavík geboren. Nach dem Besuch der Verzlunarskóli Íslands, einer kaufmännischen Berufsfachschule, arbeitete sie zwischen 1962 und 1971 als Flugbegleiterin bei Loftleiðir, einer Tochtergesellschaft der Icelandair Group. 1971 bis 1978 war sie als kaufmännische Angestellte bei einem Verpackungshersteller tätig. Während dieser Zeit begann sie, sich aktiv in Gewerkschaften zu engagieren. Seit sie das erste Mal 1978 für die Sozialdemokratische Partei Islands als Abgeordnete in das Alþingi gewählt wurde, hatte sie diesen bis zu ihrem Rückzug von politischen Ämtern 2013 inne. Von 1987 bis 1994 und von 2007 bis 2009 war Jóhanna Sozialministerin unter verschiedenen Regierungen. 1970 heiratete sie Þorvaldur Steinar Jóhannesson, mit dem sie zwei Söhne hat. Die Ehe wurde 1987 geschieden. 2002 ging Jóhanna eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit der Autorin Jónína Leósdóttir ein, die sie 2010 nach der Änderung der Ehegesetze in Island heiratete. Die beiden waren eines der ersten gleichgeschlechtlichen Paare, die nach der Reform auf Island getraut wurden. Von 2009 bis 2013 war sie die erste weibliche Premierministerin Islands sowie die erste offen homosexuelle Regierungschefin.
Kennt ihr noch weitere bedeutende isländische Persönlichkeiten? Dann hinterlasst uns doch einfach einen Kommentar.
Verið blessuð liebe Nordland-Freunde, Euer contrastravel-Team
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