06.10.2021

Borgarvirki - eine Festung aus Stein

Borgarvirki - Nordwest-Island Claudia Hempel
Hohe Basaltsäulen

Typische mittelalterliche Schlösser sucht man auf Island zwar vergeblich, aber das heißt noch lange nicht, dass man hier nur natürliche Sehenswürdigkeiten wie Wasserfälle und Vulkane findet. Auf unserer Lieblingsinsel gibt es nämlich eine waschechte steinerne Festung aus der Zeit kurz nach der Landnahme – was es mit diesem Ort auf sich hat, erfahrt ihr hier …

Góðan daginn liebe Nordland-Freunde, 

die meisten historischen oder nach wirklich alter, traditioneller Bauweise rekonstruierten Gebäude auf Island bestehen größtenteils aus Torf und Holz, aber mit Borgarvirki hatte die Natur bereits die Bedingungen für einen gut zu verteidigenden Ort geschaffen, und die Menschen bauten darauf auf – mit Stein statt den anderen üblichen Materialien …

Eine uralte Basaltfestung in Islands Nordwesten

Die Basaltkolumnen, die sich hier mehr als 170 Meter über den Meeresspiegel erheben und vulkanischen Ursprungs sind, waren schon uralt, als sie in der Zeit von 870 bis 1300 von den neuen Islandbewohnern, die erst kurz zuvor die Insel als ihre neue Heimat erwählt hatten, entdeckt wurde. Sie verstärkten die Schutzwirkung der Felsen durch starke Steinwände, die es Eindringlingen unmöglich machen würden, darüberzuklettern, und innerhalb dieser Außenmauer wurden außerdem Gebäudereste und ein Brunnen gefunden. Eine gänzlich friedliche Nutzung des Bauwerks wird heute nicht mehr vermutet, da die Steinwand dafür zu weit außen errichtet wurde. Borgarvirki war eine der ersten historischen Stätten auf Island, die unter Denkmahlschutz gestellt wurden – bereits im Jahr 1817. Auch danach wurde einiges für den Erhalt getan: Von 1949 bis 1950 wurden die Mauern zum großen Teil wieder in ihrer originalen Form aufgebaut und können heute besichtigt werden. Auch wenn man die Gebäude nicht in ihrer ursprünglichen, kompletten Form erleben kann, ist es doch beeindruckend, von dieser steinernen Anhöhe über die weite Ebene zu blicken und sich vorzustellen, wie es wäre, Feinde schon von weitem herannahen zu sehen und sich hinter Wällen aus Basalt zurückziehen zu können …

Die Frage nach der Belagerung

Tatsächlich gibt es keine Aufzeichnungen, die davon zeugen könnten, dass die Festung einmal wirklich belagert wurde, weder in alten Dokumenten noch in den Sagas der Region. Mündliche Überlieferungen nennen einen Isländer namens Víga-Barði aus Ásbjarnarnes als ihren Erbauer, der in der Zeit um 1000 nach Christus lebte. Er soll Borgarvirki als Schutz gegen die Männer von Borgarfjörður errichtet haben, die Taten in der Heiðarvíga saga thematisiert werden. Diese sollen die Festung dann auch einmal belagert haben, entschlossen, Barði und seine Gefolgsleute auszuhungern und zu besiegen, doch der konnte dieses Schicksal mit einer List abwenden: Obwohl sie keine Vorräte mehr übrig hatten, warf er ihre letzte Blutwurst über die Mauern auf die Feinde, die daraufhin glaubten, dass die Belagerten noch gut versorgt waren und lange ausharren konnten. Die Männer vom Borgarfjörður zogen ab und die Bewohner von Borgarvirki gingen aus dem Konflikt zwar geschwächt, aber unbeschadet hervor. Da die überlieferte Legende bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, ist es durchaus plausibel, dass es ebenso auch ältere Versionen der Heiðarvíga saga gab, die diese Episode mit der Festung Borgarvirki enthielten, aber in einem Feuer in Kopenhagen 1782 vernichtet wurden, wo sich zu dieser Zeit viele isländische Manuskripte befanden. Genau wird man wohl nie sagen können, ob die Belagerung stattfand, aber eine faszinierende Geschichte zu einem realen Ort ist es auf jeden Fall …

Habt ihr schon einmal Borgarvirki oder andere Orte aus Sagas und lokalen Legenden besucht?

Sjáumst liebe Nordland-Freunde, euer contrastravel-Team

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